Laudatio auf den Mangel

Seien wir ehrlich: Egal wie gut versorgt wir auch sind, irgendetwas fehlt doch immer! Mal ist es „nur“ das liebe Geld, davon kann man nie genug haben, wie es scheint. Mal ist es das Selbstbewusstsein, Vertrauen scheint konstant Mangelware zu sein, wenn man dem Tenor im Umfeld lauscht. Gesundheit wird schmerzlich vermisst, Freizeit dringend gewünscht. Vielen fehlt ein Prinz, eine Prinzessin zum Glücklichsein, anderen auch nur ein Frosch zum Küssen …

Was auch immer es ist, das ist prima. Was? Ja, man glaubt es kaum. Was würde uns auf Trab bringen und halten, wenn wir alles hätten, was das Herz begehrt? Da würden wir ganz schön träge. Und das ist nicht das einzige Problem. Die Frage ist doch, fiele es uns überhaupt auf, DASS wir alles haben, was wir uns nur wünschen können? Es wäre ja der Normalzustand. Würden wir instinktiv nach dem Haar in der Suppe suchen, dem Haken, warum alles so toll und reibungslos funktioniert, weil wir gar nicht anders können? Würden wir nicht vielleicht das Leben verschlafen? Die Antwort lautet: ja, ja sicher, und ja ganz bestimmt. Das klingt ein bisschen ernüchternd, nicht? Und warum ist das so?



Not macht erfinderisch

Nichts hat so viel Power, wie etwas, das fehlt! Es heißt nicht umsonst, Not mache erfinderisch. Wer es nicht glaubt, frage den Jungfrau-Teil in sich. Er hat diesen Spruch wahrscheinlich erfunden (oder die Schweizer, die werden von der Jungfrau regiert, läuft also auf das Gleiche hinaus). Dieser Teil ist ausschließlich damit beschäftigt, zu analysieren und zu heilen, zu korrigieren und zu verbessern, es liegt ihm – und somit uns als Teilhaber – im Blut. Er liebt das so sehr, dass er nachts Überstunden schiebt. Wenn der Verstand schläft, kann er das am besten, und wenn er nicht schläft, klappt es auch. Dann liegen wir eben wach und wälzen Probleme. Das beweist doch die Wichtigkeit dieser Funktion, so unangenehm und unbequem sie auch erscheint. Gegen die Herrschaft des Löwen und seines Herzens ist nichts einzuwenden, doch die Jungfrau kommt nicht von ungefähr unmittelbar danach zum Zug. Als nächstes geht es nämlich darum, das Ergebnis des kreativen Erschaffens zu begutachten, aufzudecken, was noch nicht in Ordnung ist, das Feintuning zu machen, bis alles perfekt sitzt, oder sich zumindest stimmig anfühlt.

Fortschritt könnte es jedenfalls keinen geben, würde alles funktionieren. Warum fortschreiten, wenn man schon da ist? Man stelle sich vor, wir würden immer noch im Paradies leben, wie damals vor dem Apfelklau. Wir wüssten ja gar nicht, dass wir im Paradies sind. Gott sei Dank wurden wir daraus vertrieben, das war der Startschuss zur Entwicklung, die Basis des Fortschritts. Und das kommt doch auch dem Sinn des Lebens irgendwie entgegen:


Warum sind wir hier?

Einfach nur wie die Made im Speck zu leben, alles zu haben, was man sich wünscht, ist aus diesem Grund gar nicht möglich, ja auch nicht sinnvoll und so sowieso nicht vorgesehen. Wir verdienen es, glücklich zu sein, ganz klar, doch glücklich macht nicht die Erfüllung aller Wünsche und von allen Mängeln befreit zu sein. Leben ist ein immerwährender Prozess des Formens und Gestaltens, des Ausprobierens und Verbesserns. Es wächst konstant und über sich hinaus. Und das bedeutet, es gibt kein Ende der Fahnenstange, nichts kann jemals perfekt sein. Das ist jedoch kein Grund, um unglücklich zu sein, denn so richtig glücklich sind wir doch nur, wenn wir etwas tun können, etwas Sinnvolles. Wir machen uns gern nützlich, wachsen dabei mit Begeisterung über uns hinaus, auch wenn wir uns zunächst etwas zieren natürlich. Auch das gehört zum Spiel. Wir entwickeln uns noch so gern zum Besseren, Erfolgserlebnisse sind das reinste Lebenselixier, ja regelrecht süchtig machend. Die kann es nur geben, solange es noch etwas gibt, woran wir arbeiten können. Und da kommt doch ein Mangel, woran auch immer, wie gerufen. Daran können wir uns genüsslich abarbeiten. Und haben wir es am Ende erreicht, den Mangel behoben, sind wir definitiv glücklich.


Die Getriebenen

„Genüsslich abarbeiten“ ist wahrscheinlich zurzeit nicht der richtige Begriff, für das, was abgeht. Mit der Pluto/Saturn-Konjunktion bereits zum Jahresbeginn hat sich diesbezüglich … nett ausgedrückt ... etwas Druck aufgebaut, obwohl sie zur Jungfrau in entspanntem Winkel steht. Sie treibt uns regelrecht dazu, endlich etwas zu tun, um „Mängel“ mannigfaltiger Natur, im Kleinen wie im Großen, ja vor allem auch im Großen in dieser Zeit, zu korrigieren. Wir fühlen uns also zu recht als Getriebene.

Doch bei genauer Betrachtung waren wir das schon lange vor dieser Himmelskonstellation. Wir hetzten herum, von Termin zu Termin, immer schneller und rücksichtsloser, aus Existenzangst, Versagensangst, Einsamkeit, Leistungsdruck … ein Haufen realer und auch selbst gebauter, ja auch einiger eingebildeter Mängel. Alles wurde immer schneller, erhitzte sich immer mehr. Abkühlung wurde dringend nötig, und ein Aufwachen und Umdenken im großen Stil muss sein, damit wir Einstellung und als Folge davon das Verhalten ändern. Genau das zeigen die Planetenstände ja auch an. Was die kleine Greta zunächst noch nicht so richtig schaffte, erreichte dann aber doch ein noch viel kleinerer, ja sogar unsichtbarer und deshalb umso wirksamerer Geselle, besagter Virus mit Krönchen. Er brachte die überhitzte Maschinerie zum Stillstand und zwang uns zur Ruhe. Ja, er zeigte uns ganz deutlich, wie wir überhaupt zur Ruhe kommen können. So einschneidend solche Maßnahmen auch sind, die „zur Bekämpfung“ nötig wurden – nicht alle, doch es wäre reine Haarspalterei, die vielen Leerläufe herauszupicken und anzuprangern. Wer sich daran abarbeiten will, sei herzlich eingeladen, nötig ist das nicht –, im größeren Rahmen betrachtet erreichten sie das, was erreicht werden sollte.

Eigentlich sind wir jedoch schon Getriebene seit der Vertreibung aus dem Paradies. Als Hotel Mama, alias Papa seine Pforten schloss, wurde der Jungfrau-Teil aktiviert, musste er auch, ohne ihn geht es nicht. Es wurde von uns verlangt, selbstverantwortlich zu leben und selbst für uns zu sorgen. Fortan setzten wir alles daran, den Weg zurück ins verlorene Paradies zu finden, und fanden ihn auch immer wieder. Und was könnte schöner sein, als heimzukehren und zu WISSEN, dass wir IM Paradies SIND. Das war uns vorher nicht bewusst, wir haben uns deshalb auch nie bedankt bei Papa/Mama für die liebevolle Versorgung, was wahrscheinlich erheblich zum Rausschmiss beitrug.

Natürlich werden wir immer wieder vertrieben, werden immer wieder in irgendeiner Weise zu Getriebenen, die nächste Krise kommt mit Sicherheit, der nächste Mangel steht schon in den Startlöchern. Die Jungfrau in uns schreit dann: „Juhu, eine Krise, auf sie mit Gebrüll!“, weil sie weiß, Wachstum und Entwicklung kennen kein Ende. Sie trägt gern dazu bei.

Insofern können wir Pluto-Saturn und den ganzen himmlischen Gesellen, wie auch denen im Mikrokosmos, nur danken, dass sie uns dazu treiben, zurück in unser Paradies zu finden, das uns jedes Mal noch schöner und wertvoller erscheint. Und eines fehlt uns bestimmt nie, Arbeit, denn etwas fehlt uns doch immer, und genau DAS entpuppt sich am Ende als heilsam.

©tinapeel
für Allgeiers Sternbild Magazin

































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