Der Erwartungsvöllerei auf den Zahn gefühlt

Es beginnt langsam, kriechend, wie Efeu wachsen sie, die Erwartungen. Oder waren sie etwa von Anfang an mit an Bord, als blinde Passagiere sozusagen? Sehr wahrscheinlich, es spielt aber keine Rolle, wo und wann wir sie aufgelesen haben. So oder so liegt ein Wachstumspotenzial darin, das keine Grenzen kennt, und die Völlerei nimmt ihren Lauf.

Zunächst wird vom Gegenüber ein bestimmtes Verhalten erwartet, eines, das einem selbst entspricht. Das klingt ja noch ziemlich harmlos. Bleibt es aus, ist die Enttäuschung da. Nun verknüpfen wir allerlei Unsinn damit, worauf halb bewusst erwartete Verhaltensweisen zu Liebesbeweisen mutieren. Ab da arten Beziehungen in der Regel zu manipulativen Ränkespielen aus, was alles andere als harmlos ist. Das langsame Ersticken derselbigen hat begonnen. Wie gesagt, Erwartungen sind wie Efeu.


Ersatzbefriedigung 

Wer zur Erwartungsvöllerei neigt, wird zwangsläufig enttäuscht, denn je mehr Ranken sich bilden, umso garantierter bleiben sie unerfüllt. Irgendwann legt man es sogar darauf an, Erwartungen zu haben, die nicht erfüllt werden, damit man wenigstens sagen kann „Ich habe es ja gewusst!“. Recht zu haben ist gewissermaßen eine Ersatzbefriedigung. Sie gibt Pluto in uns das Gefühl, die Dinge dennoch in der Hand zu haben. Unter uns gesagt: Er fühlt sich nicht gern ausgeliefert. So kann man sich auch gleich auf direktem Weg von jeder Form von Beziehung verabschieden, ohne nervige Umwege. Wie kommen wir stattdessen auf gute Weise aus dem Dickicht heraus? Ist das überhaupt möglich? Ja natürlich!

Man lasse die Finger von Ersatzbefriedigungen und sich auf sein Gegenüber ein statt auf seine Erwartungen. Dann kann man Vergnüglicheres erwarten und hat ebenfalls recht. Darum geht es Pluto in Wahrheit, tief einzutauchen bis zu des Pudels Kern, dann haben wir einander gern. Wir können nicht anders, weil das, was wir da finden, so unglaublich … ach, probiert es doch einfach aus. Dasselbe gilt natürlich auch, wo es nicht um Personen geht. Je tiefer wir uns einlassen, umso mehr werden Erwartungen übertroffen.


Was Erwartungen sagen wollen

Erwartungen sprechen eine deutliche Sprache. Sie sagen etwas aus über den, der in Erwartung ist, was nicht heißen muss, dass die Person schwanger ist. Obwohl, eine Schwangerschaft ist eine Zeit der Unsicherheit, und je unsicherer ein Mensch, desto eher neigt er zu Erwartungen. Ob schwanger oder nicht, wo viele Erwartungen sind, fehlt die Möglichkeit, ja die Bereitschaft, sich richtig einzulassen. Ob es der neue Job ist, ein geplanter Urlaub, die Zukunft, ob es um uns selbst geht oder die neue Flamme, man ist so voller Erwartungen, dass kein Platz bleibt für neue und echte Erfahrungen. Man hätte doch gern die Kontrolle, um allen unguten Eventualitäten vorzubeugen. Und das lässt einfach nicht viel Spielraum.

Wer jedoch erwartet, jemals frei davon zu sein, wird ebenfalls enttäuscht. Erwartungen wie auch Efeu geben in gewisser Weise Halt, und den brauchen alle irgendwo und irgendwann. Man kann sich gut darin verstecken und verstricken, ja sich einwickeln und in Sicherheit wiegen. Sogar wer grundsätzlich abenteuerlustig und mutig ist, kennt Bereiche in seinem Leben, wo er zu Unsicherheiten neigt. Vielleicht kann er gut Bungeespringen, doch wenn es um die Liebe geht, ist er total unsicher. Sie ist eine Koryphäe in der Arbeit, ein Sportass vielleicht, und weiß dennoch nicht so genau, wer sie ist und was sie kann. Da tauchen dann auch gern die Erwartungen auf. Irgendwo ist jedermann und jedefrau unsicher, und das bietet einen Nährboden für Efeu. Gegen ein bisschen Efeu ist grundsätzlich nichts einzuwenden, an der richtigen Stelle sieht das malerisch und dekorativ aus. So komplett ohne Erwartungen geht es also doch nicht. Zugegeben, das kommt jetzt etwas unerwartet. Lassen wir uns doch mal tiefer darauf ein und gehen ganz im Sinne Plutos den Erwartungen auf den Grund.


Erfüllen statt erWARTEN

Es geht bei diesem Thema nicht ausschließlich um Kontrolle. Erwartungen zeigen auch, was wir uns im Grunde ersehnen, ja wünschen, worauf wir eben WARTEN. Wir wünschen uns vom anderen mehr Aufmerksamkeit, mehr Zärtlichkeit vielleicht, mehr Wertschätzung. Nichts anderes steckt doch hinter dem alltäglichen Kleinkrieg um den Müll, der nicht von selber aus dem Haus geht, die Kleider des anderen, die achtlos herumliegen, um das Klodeckeldebakel. Das sind alles Nichtigkeiten, die jedoch die Macht besitzen, Beziehungen zu killen. Sie riechen nach „Du respektierst mich nicht!“, eine Verknüpfung, die gar nicht stimmen muss. Sie fühlt sich jedoch so an. Da geht jede Verliebtheit baden und die Erwartungsvöllerei beginnt, hüben wie drüben, denn keiner von beiden fühlt sich gewertschätzt, wo täglich genörgelt wird. Also Schluss mit (er)warten! Tun wir es einfach und geben, was wir uns wünschen und ersehnen, unabhängig von Umständen und Bedingungen. Und zwar nicht aus Berechnung oder manipulativen Zwecken, sondern, weil es uns gut tut. Es braucht so wenig und das Gegenüber geht in Resonanz damit, wie die berühmte Gitarre, die eine zweite Gitarre im Raum im selben Ton zum Schwingen bringt. Es geht immer um Resonanz, ja, auch beim achtlosen Verhalten. Das kommt jetzt aber nicht unerwartet, oder? Es sind meine Töne, die meine Welt zum Klingen und Singen bringen, oder eben auch nicht. Was immer auch abgeht, das Gesetz der Resonanz funktioniert immer. Auch das dissonante Gedudel plärrt in unserem Inneren, es kann gar nicht anders sein. Stimmen wir unsere innere Gitarre endlich auf Wohlklang ein, nicht nur einmal, sondern immer wieder von Neuem. Am besten täglich. Damit holen wir auch uns selbst aus den Missklängen – immer wieder von neuem.

Und siehe da, Erwartungen, Ersehnungen und Wünsche erfüllen sich, ganz ohne Warterei, weil wir anders schwingen und klingen. Wer erwartet, dass ihn das langfristig aufbaut, wird nicht enttäuscht, wetten? Also, worauf warten wir?! 

©tina peel  

für Allgeiers Sternbild Magazin, Rubrik Astrologie & Philosophie




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