Der Geist des Zeitgeists

Darf ich vorstellen: der Zeitgeist, aktuell etwas chaotisch, aufwühlend und aufgewühlt. Man hat den Eindruck, die ganze Welt spiele verrückt und das Leben sei ganz schön unberechenbar geworden. Ist das das Thema der 10er Jahre? Die immer rasantere Entwicklung im elektronischen Bereich bringt uns manchmal ins Schwitzen beim Versuch, mit ihr mitzuhalten. Wer da nicht mitmacht und auf Zack bleibt, hat das Nachsehen. Das Tempo erhöht sich, je schneller und leichter sich im Grunde die Dinge des Alltags erledigen lassen. Statt dass die Menge an Aufgaben reduziert wird, wächst sie analog dazu und die Komplexität ebenso. Die Aufgaben haben sich einfach verlagert, vom Körperlichen Richtung Geistiges. Das ist auch irgendwie logisch, wenn alles weniger Zeit braucht, kann man in kürzerer Zeit mehr tun. Kann man mehr tun, dann muss man auch mehr tun, es wird immer mehr verlangt, weil es möglich ist. Und so hat die Gemächlichkeit ausgedient.

Auch die Welle der Inspiration hat das Ausmaß eines geistigen Zunamis erreicht. Da nützt es nichts, die Türe zuzuknallen. Man muss unbedingt in höhere Stockwerke steigen, geistig, versteht sich, sonst bringt auch das nichts. „Typisch Wassermannzeitalter!“ sagen astrologisch Beleckte und auch manch Unbeleckter. Da haben wir ja den Sündenbock und das Thema ist gegessen. Es muss jedoch nicht zwingend daran liegen, Wassermannzeitalter hin oder her.


Jetzt wird‘s verrückt

Es könnte daran liegen, dass ich hinschaue. Im selben Moment, wo mein Auge darauf fällt, wird der Zeitgeist chaotisch. Wir wissen ja heutzutage, wie das so läuft mit den Quantenteilchen, die Forscher entdeckten (in den 10ern? Jedenfalls sind sie seither in aller Munde), während sie immer tiefer in die Materie eindrangen. Quantenteilchen verhalten sich verrückt und unberechenbar, was irgendwie verständlich ist. Auch wir verhalten uns tendenziell schräg und affektiert, wenn wir beobachtet werden.

Es könnte auch sein, dass der Zeitgeist elektromagnetisch auf uns reagiert, weil alles miteinander auch auf dieser Ebene interagiert. Dass alles mit allem verbunden ist, wurde allerdings in einer früheren Dekade entdeckt, doch begreifen tun wir es erst jetzt langsam. Ziehen wir das in Betracht, könnte es auch nur MEIN Chaos und MEIN Zeitgeist, der sich diffus konfus verhält. Der Zeitgeist eines anderen kann sich völlig anders präsentieren.

Gut möglich, dass sich auch ein Zeitgeist leistungsunterdrückt fühlt und sich so verhält, wie er denkt, dass wir ihn haben möchten. Denn wer weiß, ob er nicht ein eigenes Bewusstsein hat, das ebenso verschroben und kompliziert ist wie unseres. Da kann ich ihm versichern, dass er sich irrt.

Doch was kann man im Grunde schon von jemand erwarten, der ZeitGEIST heißt? Er wird sich immer nebulös verhalten wie ein Gespenst und jeder kann in ihn hineinlesen, was er will, jederzeit. Vielleicht kreieren wir ihn ja genau so selbst? Ob selbst erschaffen oder nur hineinprojiziert kommt jedoch aufs Selbe heraus. DAS bestimmt so oder so, wie wir uns fühlen. Da sollte man sich besser zweimal überlegen, auf welche Weise man seine Quantenteilchen anstupst und mit welchen Augen man sie betrachtet.


Das Ende der Steinzeit

Tatsache bleibt, der Geist des Zeitgeists verändert sich konstant, und das ist logisch, denn wir verändern uns. Das bringt ein Spruch von Ahmed Zaki Yamani auf den Punkt: „Die Steinzeit ging nicht deshalb zu Ende, weil die Steine ausgingen.“. Sondern? Weil wir den Beton erfanden. Und wie haben wir den Beton erfunden? Indem wir was Neues probierten. Oder rein zufällig? Yamani war übrigens Saudi Arabiens Ölminister, aufs Öl spielte er an. Auch die Entdeckung des Öls revolutionierte unseren Geist und dadurch unseren Alltag. Einerseits sind wir Gewohnheitstiere und halten am Vertrauten fest. Das blockiert uns in vielerlei Hinsicht, wir stehen uns ja häufig und mit Vorliebe im Weg. Andererseits sind wir die größten Experimentierer und Erfinder, ständig damit beschäftigt etwas zu verbessern und weiterzuentwickeln. Was der eine entdeckt und erfindet, inspiriert wiederum andere zu weiteren Entwicklungen, neuen Entdeckungen und Erfindungen. Auf der geistigen Ebene gibt es keine Begrenzungen und unser Geist lässt sich nicht dauerhaft abschotten wie jeder noch so lächerliche Modetrend beweist. Er schleicht sich durch die Ritzen unserer Einstellungen, überwindet jedes Brett vor dem Kopf, und das ist gut so. Wäre es anders würden wir vielleicht immer noch in Höhlen wohnen, anstatt in Betonkästen. Ja okay, stimmt schon, wir ersetzten echten Stein durch Kunststein, was jedoch neue Formen und Möglichkeiten zulässt. Das Ende der Steinzeit ist also die logische Folge unserer Experimentierfreude, wir erfinden immer wieder etwas (um uns den Alltag theoretisch zu erleichtern), entdecken Lösungen für Probleme, womit wir wieder bei den Steinen sind – den Steinen, die uns das Leben in den Garten wirft, damit wir etwas daraus machen. Auch das bedeutet das Ende der Steinzeit, jedes Mal von neuem.

Wenn der Zeitgeist also launisch, wechselhaft und diffus konfus ist, kann man ihm das nicht vorwerfen. Es ist einfach logisch und liegt daran, dass wir geistig nicht ganz dicht sind und Ideen und Einfälle wie Flöhe vom einen zum anderen springen und sich vermehren wie weiße Mäuse. So entstand auch die Weltenuhr, deren Zeiger, aktuell auf den Wassermann gerichtet, ungefähr alle 2000 Jahre auf ein anderes Zeichen springt. Es ist eine geistige Erfindung. So wie das ganze System der Astrologie, inspiriert von der Beobachtung des Himmels, den Abläufen in der Natur und kombiniert mit uns als Teil davon. Damit lassen sich Schwingungen benennen und begreifen, wie eben auch den Geist des Zeitgeists. Wie wir ihn benennen, beeinflusst also unser Gefühl, entsprechend finden wir ihn anregend oder nervig, prickelnd oder beängstigend. Gut zu wissen. Wir können es also den Medien überlassen, den Zeitgeist der 10er Jahre zu benennen. Oder wir stupsen unsere Quantenteilchen selbst an und finden einen Begriff, der sich sehr wahrscheinlich besser anfühlen wird.


Fazit

Der Zeitgeist ist schwer zu fassen, im Grunde weiß man erst hinterher, wie er ausgesehen hat. Es sind jedoch wir, die eine Dekade zusammenfassen und ihr eine Überschrift geben, denn im Grunde gibt es keine Dekaden. Wir haben sie erfunden, weil es unserer Natur entspricht, alles zu benennen, um es identifizieren können. Je nachdem, worauf wir den Fokus legen, heißt es „die 80er waren so und so, die 90er hingegen so und so, die wilden 60er...“. Und mit genug Abstand entsteht auch die Nostalgie. Dafür ist es für die 10er Jahre wohl noch zu früh, doch nichts hindert unseren Geist daran, dem Zeitgeist unseren persönlichen Stempel aufzudrücken. Warum also nicht einen, der sich stimmig anfühlt und uns inspiriert? Und nun ab in die nächste Dekade, auch wenn sie nicht wirklich existiert.
© tina peel  




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