Die kosmische Reise durchs Sonnensystem Teil 9: CHIRON, der Schlüssel zur (Selbst)Heilung


1977 wurde ein seltsames Gebilde aus Gestein und Eis entdeckt, das unscheinbar zwischen Uranus und Saturn hin und her pendelt. Auch wenn es nicht wirklich ein Planet ist, eher ein Planetoid, könnte es sich trotzdem lohnen, einen Zwischenstopp einzulegen und es genauer zu betrachten, zumal wir ja sowieso gerade in der Gegend sind. Seit unserem Besuch auf Uranus sind wir offen für Exotisches und Befremdliches, es inspiriert uns. Und Chiron, von seinem Entdecker Kowal benannt nach einem der Zentauren, dem besten und weisesten, ist inspirierend, so unscheinbar er auf den ersten Blick auch erscheinen mag.

Chirons Aufenthalt in den Sternzeichen variiert aufgrund seiner Pendelbewegung von gut einem Jahr bis zu sieben oder mehr Jahren, in gut fünfzig Jahren schafft er es immerhin einmal um die Sonne. Seine Entdeckungszeit ist geprägt von unlustigen, ja sogar schmerzhaften Themen, wie der Ölkrise, Umweltverschmutzung, die Frage nach der Endlichkeit unserer Ressourcen, Themen, deren Lösung viel Innovationsgeist (Uranus) verlangen. Die astrologische Zuordnung zur Jungfrau, welcher Mutter Erde und die Versorgung ihrer Kinder am Herzen liegt, ist naheliegend. Auch das mit der Unscheinbarkeit geht in ihre Richtung. Chiron löst somit die Doppelrolle Merkurs als Herrscher von Zwillingen und Jungfrau ab. Er scheint aufgrund seiner Geschichte auch viel besser geeignet als Luftikus Merkur.


 
Instinkt und Vernunft

Chirons mythologische Zeugung geht zurück auf eine Vergewaltigung. Mit Kronos (Saturn) gingen im wahrsten Sinn des Wortes die Pferde durch. Philyra, die Nymphe, der er nachstellte, flüchtete in Pferdegestalt, worauf Kronos sich ebenfalls in ein Pferd verwandelte, um sie zu erwischen, was ihm auch gelang. Das Ergebnis: Chiron, halb Mensch, halb Pferd. Auch bei uns klinkt sich der Verstand manchmal aus, wenn mit uns die Pferde durchgehen. Die Triebe gewinnen die Oberhand und das gibt meistens ein böses Erwachen. Doch das Beispiel Chirons zeigt, dass wir danach nicht das Handtuch werfen, sondern aus Schaden klug werden und Wiedergutmachung leisten sollen.

Chiron soll von Natur aus gütig und sanft gewesen sein, im Gegensatz zu anderen Zentauren, die wild und triebhaft waren. Das war sicher auch der Schulung seiner Adoptiveltern Apollon und Artemis (Sonne und Mond = Verstand und Gefühl, Vernunft und Instinkt) geschuldet. Sie fanden den von seiner Mutter Philyra nach der Geburt ausgesetzten kleinen Zentauren und zogen ihn auf. Laut der Mythologie wurde er später unabsichtlich von einem vergifteten Pfeil seines Freundes Herkules verwundet, während dieser gegen die wilden Zentauren kämpfte. Die Wunde konnte nicht heilen und Chiron als Unsterblicher nicht sterben – eine Zwickmühle der Sonderklasse. Da verwundert es nicht, dass sich bei ihm fortan alles um Heilung drehte. Er fühlte sich aus gegebenem Anlass zum Arzt und Heiler berufen, wie auch zum Schamanen, der ebenso geistige Wunden pflegt. Ein Gesunder käme kaum auf die Idee, sich damit zu befassen. Auch das spricht für die Zuordnung zur Jungfrau.


Chiron, der „Heiler“

In den 70er Jahren begann man sich nicht nur mit Maßnahmen zur Behebung der eingangs erwähnten globalen Missständen zu befassen, sondern ebenfalls für Hintergründe von Symptomen und Krankheiten, für Prävention und Gesundheitsvorsorge. Auch hier hielt das Thema Selbstverantwortung Einzug. Wir begannen die Beipackzettel (die waren vorher nur für Ärzte bestimmt) selbst zu lesen, Arzt oder Apotheker nach Nebenwirkungen von Medikamenten zu fragen, alternative Heilmethoden wie Handauflegen (Touch for Health) war in aller Munde.

Chiron ist also Arzt und Heiler, aber was tut eigentlich ein Heiler? Er analysiert die Lage, beobachtet und sondiert, was nicht funktioniert, woran es fehlt, findet den fehlenden Stoff oder das fehlende Teil. Er deckt Fehlverhalten auf – im Leben – oder fehlende Stoffe im Körper, wie auch Stoffe, die schädlich sind. Damit gibt er uns den Schlüssel zur Heilung in die Hand, verwenden muss ihn jeder selbst. Das Verhalten muss korrigiert werden, fehlende Stoffe zugeführt usw. Erhalten der Körper bzw. Mutter Erde, was sie brauchen, machen sie ihr Ding und gesunden. Heilung bedeutet also Unterstützung und Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Die Fähigkeit zur Reparatur ist ein Instinkt und gehört zur Grundausstattung jedes Körpers, er ist darauf programmiert und macht sein Ding so oder so. Doch wir können ihm im Weg stehen, ihn behindern oder eben unterstützen. Instinkte sind also, gepaart mit Verstand, durchaus nützlich und sollten nicht verteufelt werden.


Chiron im Horoskop

Chiron markiert einen wunden Punkt. Dort fehlt uns etwas oder haben wir ein „Fehlverhalten“, machen also unwissentlich etwas falsch oder denken wir falsch – oder beides. Je nach Stellung im Horoskop liegt der Punkt im Körperlichen, im Seelischen oder Geistigen. Sich diesem zu stellen, tut weh, wie das Aufstechen eines Eiterherdes. Doch ignorieren ist keine Option. Die Wunde will uns etwas bewusst machen und ein Verhalten ändern, der Schmerz hat eine Signalfunktion. Hinschauen ist Pflicht. Für die Analyse ist es nötig, mit Abstand, neutral und unpersönlich (wie Uranus) hinzuschauen, nicht nur hier, sondern überhaupt, wenn irgendetwas „schmerzt“. Der Körper produziert nichts einfach so aus dem Nichts heraus, es gibt immer eine plausible Erklärung, eine Ursache, die Chiron auch findet. Sein Spezialgebiet: Die Nadel im Heuhaufen, der winzige Schlüssel zur Unpässlichkeit mit womöglich großer Wirkung. Wir brauchen auch nicht weit zu suchen, im Problem ist die Lösung bereits enthalten. Chiron ist somit gleichzeitig die Wunde, das Symptom und der Schlüssel zur Heilung.

Es bedarf ebenso der Disziplin, Geduld und Ausdauer Saturns, damit die Selbstheilungskräfte des Körpers wirken und wir unser Verhalten ändern können. Das dauert manchmal etwas. Deshalb ist eine Instantheilung (z.B. mit Antibiotika, die ja nicht wirklich heilen) nicht ideal, weil zwar Symptome sofort verschwinden, aber die Ursache selten beseitigt wird.

Dass es Wunden und Verletzungen gibt im Leben, ist klar. So ist das Leben, und der Körper ist nicht unverwundbar. Nicht immer haben wir sie selbst verursacht. Doch durch Krankheit und Schmerz, ob körperlich, seelisch oder geistig, findet immer eine Vergeistigung statt. Während wir nach Ursprung, Heilung, Verbesserung und Erlösung suchen, finden wir allerlei Hilfreiches und Nützliches, das schlussendlich nicht nur uns dient, sondern auch anderen. Wir finden oft gerade dadurch Erfüllung im Leben, ja sogar unsere Berufung. So wie Chiron, der dank seiner Verletzung zum begabten Heiler wurde und die daraus gewonnen Erfahrungen weitertrug. Er war das Ergebnis einer Vergewaltigung und bewirkte dann so viel Gutes. Dabei hätte er ja auch einfach wütend sein können, auf Kronos, auf Herkules, und verbittert und ungenießbar werden. Doch sein Motto lautet: „Shit happens, mach was draus!“.

Die Selbstheilungskräfte des Körpers sind zwar erstaunlich und enorm, doch manchmal sieht Heilung auch anders aus als man denkt. Ist der Schaden am Körper zu groß oder die Regenerationsfähigkeit am Ende, bedeutet der Tod Erlösung und Heilung zugleich. Auch das muss akzeptiert werden. Erlösung fand auch Chiron, als er seine Unsterblichkeit für Prometheus opferte, was beide von ihren Qualen erlöste. Chiron wurde zum Dank für sein Opfer als allererstes Sternbild an den Himmel versetzt, wo er eine andere Form von Unsterblichkeit erlangte, eine geistige. Er hatte das Körperliche, Saturnische integriert und dadurch überwunden, und inspiriert uns nun von einer geistigen, feinstofflichen Ebene aus. Dann sind sind wir ja jetzt bereit, in Neptuns unfassbare Welt einzutauchen.

Teil 9 der Planetenreihe im Sternbild Magazin


 

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